Manchmal findet einen ein Song wieder – wie ein alter Freund, der genau im richtigen Moment auftaucht. Protection begleitet mich seit Jahren in meiner Bibliothek, doch YouTubes Algorithmus hat ihn mir in diesem Herbst erneut zugespielt – und er passt perfekt zur Jahreszeit. Diese Mischung aus Wärme und Melancholie, der sanfte Trip-Hop-Rhythmus, Tracey Thorns unverkennbare Stimme – zeitlos.
Veröffentlicht 1994 als Titelsong ihres zweiten Albums, zählt Protection zu den ikonischsten Stücken von Massive Attack. Die Band, Pioniere der Bristol-Trip-Hop-Szene, verband elektronische Texturen mit soulvoller Zurückhaltung, lange bevor das Mainstream wurde. Die Produktion mit ihren tiefen Basslinien und der bedächtigen, schichtenden Struktur wirkt bis heute erstaunlich modern – und zutiefst menschlich.
Das dazugehörige Musikvideo, inszeniert von Michel Gondry, ist ein visuelles Meisterwerk: eine einzige Kamerafahrt durch ein nächtliches Gebäude, in der Realität und Traum verschwimmen – perfekt abgestimmt auf die introspektive Stimmung des Songs. Es ist eines dieser seltenen Werke, in denen Ton und Bild wirklich eins werden.
Und dann dieser letzte Moment – wenn die letzten Zeilen verklingen und das Piano zum ersten Mal die Tonart wechselt. Dezent, aber atemberaubend – wie das emotionale Ausatmen des ganzen Stücks. Eine stille, vollkommene Auflösung.
Beide Bilder sind Screenshots vom verlinkten Musikvideo.
